UND DER RABE WEICHET NIMMER!
Ich
habe
vor
Kurzem
eine
faszinierende
Beobachtung
gemacht
-
zwar
aus
dem
fahrenden
Auto
heraus,
aber
immerhin:
Ein
Falke
hat
sich
wiederholt
auf
einen,
auf
einem
Pflock
sitzenden
Bussard
gestürzt.
Wahrscheinlich
hat
ihm
der
Buteo
buteo
die
Beute
abspenstig
gemacht.
Mit
angelegten
Flügeln
hat
sich
der
kleine
Falke
mutig
auf
den
Greifvogel
gestürzt,
der
ruhig
sitzend
keine
allzu
große
Abwehrreaktion
zeigte,
darauf
in
kurzem
Bogen
mit
großer
Leichtigkeit
den
Sturzflug
abfangend,
hat
der
Falke
wieder
schnell
im
Steigflug
die
nötige
Höhe
gewonnen
um
dann
nochmals
herabzustoßen.
Die
Faszination
ging
von
der
Vehemenz
des
Angreifers
und
der
Ruhe des Angegriffenen aus, als Kontrast der Natur, der von dem großen Gefüge kundet …
Ein
ähnliches
Schauspiel
wiederholt
sich
im
Frühjahr
fast
täglich
unter
Vögeln
um
ihre
Brut.
Krähen
gegen
Falken,
Falken
gegen
Bussarde,
Bussarde
gegen
Krähen.
Ich
brauche
dazu
nur
die
Haustüre
aufzumachen,
um
dieses
„Universum“
live
zu
genießen.
Mittlerweile
habe
ich
gesehen,
auf
welchem
Baum
der
Falke
nistet,
auf
welchen
Bäumen
die
Krähen
brüten,
aus
welchem
Teil
des
Waldes
die
Bussarde
zu
kreisen
beginnen.
Das
Schauspiel
verliert
auch
nie
an
Spannung:
Wie
viele
Krähen
schwärmen
aus,
um
den
möglichen
Eierdieb
zu
stellen,
wie
viele
Bussarde
versuchen
abzulenken,
wie
laut
keckert
der
Falke,
besonders
wenn
er
den
Alarmruf
ertönen läßt?
Eine
weitere
Sichtung
zeigt
auch
ein
Paar
Elstern,
die
offenbar
neu
in
unserer
Gegend
sind.
Sie
gehören
wie
die
Krähen
natürlich
auch
zu
den
Rabenvögeln.
Diese
zeichnen
sich
nicht
nur
durch
Anpassungsfähigkeit
oder
ein
durchentwickeltes
soziales
Gefüge
aus,
sondern
vor
allem
durch
Intelligenz
und
Problemlösungskompetenz.
Schon seit jeher …
„Sei dies Wort das Trennungszeichen! Vogel, Dämon, Du mußt weichen!
Fleuch zurück zum Sturmesgrauen, oder zum pluton’schen Heer!
Keine Feder laß zurücke mir als Zeichen Deiner Tücke;
Laß allein mich dem Geschicke – wage nie Dich wieder her!
Fort und laß mein Herz in Frieden, das gepeinigt Du so sehr!“
Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
Und der Rabe weichet nimmer – sitzt noch immer, sitzt noch immer
auf der blassen Pallasbüste ob der Thüre hoch und hehr;
Sitzt mit geisterhaftem Munkeln, seine Feueraugen funkeln
gar dämonisch aus dem Dunkeln, düstern Schatten um ihn her;
Und mein Geist wird aus dem Schatten, den er breitet um mich her,
Sich erheben – nimmermehr!
Das sind die letzten zwei Strophen aus dem Gedicht „Der Rabe“ von Edgar Allen Poe.
Was
aber
steckt
hinter
diesem
von
Menschen
als
„Verschlagenheit“,
als
Bedrohung
herabgestuften
Verhalten
der
Rabenvögel?
Diesem
Thema
wollen
wir
uns
näher
widmen.
Die
Rabenvögel
gehören
zur
Ordnung
der
Passeri-
formes
-
den
Sperlingsvögel.
Was?
werden
Sie
jetzt
aufwerfen
-
ein
Rabe
gehört
zur
selben
Ordnung
wie
eine
Bachstelze?
Ja,
die
Natur
und
die
Wissenschaft
bewertet
nicht
das
Aussehen,
sondern
in
welche
Richtung
die
Zehen
schauen,
dass
der
mittellange
Schnabel
keine
Wachshaut
(Anm.:
ein
ungefiederter
Bereich
in
der
Nasen-
gegend
von
Vögeln
oberhalb
des
Schnabels)
trägt,
oder
dass
alle
geschlüpften
Küken
blindgeborene
Nesthocker
sind.
Und
nachdem
die
Ordnung
der
Sperlingsvögel,
zu
denen
auch
die
Singvögel
gehören
so
groß
ist,
ist
man
geneigt,
die
Vögel
generell
in
Sperlingsvögel
und
Nichtsperlingsvögel
einzuteilen.
Drei
Fünftel
aller
Vogelarten
gehören
dazu.
Vögel
sind
aber
nicht
nur
unfassbar
artenreich,
sondern
stammen
auch
direkt
von
den
Dinosauriern
ab,
nachweisbar
aus
Ablagerungen
von
vor
über
150
Millionen
Jahren.
Verwunderlich
ist
es
deshalb
nicht,
dass
sich
die
Vögel
in
ihren
Strategien
zur
Anpassung
weiterentwickeln
mussten
und
so
Fähigkeiten
erwarben, die sie zu wahren Überlebenskünstlern machten. Bis der Mensch kam …
Grundsätzlich
sind
die
Krähen
hervorragend
erforscht,
angefangen
hat
damit
nicht
erst
Konrad
Lorenz,
dessen
Untersuchungen
mit
Dohlen
zahlreiche,
bis
heute
andauernde
Intelligenzforschung
an
diesen
Tieren
mit
sich
gebracht
haben.
Was
wird
diesen
Tieren
heute
nicht
alles
nachgesagt:
Sie
können
sich
Gesichter
merken,
sind
erfinderisch,
sprachbegabt
und
nutzen
Werkzeuge.
Mehrere
Forschungsprojekte
zeigen,
dass
Krähen
sogar
ihre
Zukunft
planen.
Beeindruckend,
denn
Planen
ist
eine
Form
der
Intelligenz,
die
vorher
nur
bei
Menschenaffen
gefunden
wurde.
Das
alles
wusste
man
aber
bereits
vor
hundert/en
Jahren
-
die
Beobachtungen
brachten
zutage,
dass
aus
dem
Nest
entnommene
Raben
nach
kurzer
Zeit
bereits
außerordentlich
zahm
waren.
„Der
Vogel
läßt
sich
abrichten
wie
ein
Hund,
sogar
auf
Tiere
und
Menschen
hetzen,
führt
die
trolligsten
und
lustigsten
Streiche
aus,
ersinnt
sich
fortwährend
Neues
und
nimmt
wie
an
Alter,
so
auch
an
Weisheit
zu.“
(Brehms
Tierleben,
3.
Auflage, 1929).
Und
an
diesem
Punkt
möchte
ich
Ihnen
eine
Geschichte
über
eine
Krähe
nicht
vorenthalten:
Ein
Bekannter
hat
eine
zahme
Krähe
darauf
trainiert,
einen
Gegenstand
im
geometrischen
Schwerpunkt
zu
nehmen,
um
ihn
herumtragen
zu
können.
Nur
hat
er
die
Rechnung
nicht
mit
der
Krähe
gemacht:
Diese
hat
fortan
verschiedenste
Werkzeuge aus seiner Werkstätte abtransportiert und irgendwohin vertragen, sehr zum Schaden des Besitzers.
Und diese Geschichte habe ich nicht von you tube …!
Krähen können ihre Zukunft planen. Echt beeindruckend!
Aber
kommen
wir
zu
meiner
Beobachtung
zurück:
Krähen
attackieren
in
ihrem
Revier
Greifvögel.
Warum?
Weil
Krähen
keine
anderen
Rabenvögel,
Greifvögel
oder
Eulen
dulden.
Diese
gehören
mit
zur
Nahrungskonkurrenz
und
zu
ihren
Feinden.
Habichte,
Sperber,
Bussarde
und
Seeadler
fressen
auch
Krähen.
Der
Habicht
und
der
Seeadler
holen
sich
sogar
die
jungen
Krähen
aus
dem
Nest.
Sie
selbst
schrecken
aber
auch
nicht
davor
zurück,
andere
Vogelnester
zu
plündern
und
selbst
einen
kranken
Hasen
oder
Rebhühner
sind
nicht
sicher
vor
ihnen.
Die
Regel
auf
ihrer
Speisekarte
sind
aber
kleinere
Tiere,
beispielsweise
Engerlinge.
Ich
kann
aus
eigener
Erfahrung
davon
berichten
dass
Krähen
in
Gärten
einfallen
und
sich
diese
schmackhafte
Beute
aus
dem
Boden
holen.
Wie
dieser
danach
ausgesehen
hat?
Verwüstet!
Dieser
Schaden
trifft
natürlich
auch
die
Bauern
in
unserem
Land
hart,
weswegen
die
Corviden
nicht
gern
gesehen
sind.
Deshalb
wurde
vor
etwas
mehr
als
10
Jahren
in
Oberösterreich
ein
Corviden-
Monitoring
in`s
Leben
gerufen,
um
Daten
zu
sammeln,
wie
man
am
Effektivsten
die
Krähenvögel
abschrecken könnte.
Daraus:
„
Fallbeispiel
Nußbach:
Abschuss
und
Aufhängen
toter
Krähen.
Knapp
außerhalb
der
PF
Nußbach
wurde
nach
Schadensmeldungen
eines
konventionell
wirtschaftenden
Landwirtes
(„Mindestens
50
Krähen
schädigen
Maissaat!“)
von
Jägern
und
Landwirten
rasch
gehandelt.
Eine
geschossene
Krähe
wurde
am
28.4.
zur
Krähenvergrämung
an
Stangen
über
das
Feld
gehängt,
dazu
zwei
Stangen
mit
Plastikbändern.
Der
Erfolg
dieser
Aktion
ist
mehr
als
fraglich.
Noch
am
selben
Tag
(!)
suchten
einzelne
Krähen
wieder
Nahrung
neben
ihrem
toten
Artgenossen
(vermutlich
die
erfahrenen,
adulten
Reviervögel).
Rückmeldung
des
betroffenen
Landwirtes
5
Monate
später:
Es
waren
keine
dokumentierbaren
Schäden
am
konventionell
bewirtschafteten
Maisfeld
festzustellen!
Nach
Beobachtungen
bzw.
Interpretationen
der
Landwirte
hat
die
Maisaussaat
eines
angrenzenden
Biobauern
Anfang
Mai
dazu
geführt,
dass
die
Krähen
dorthin
bzw.
vom
Feld
mit
der
toten
Krähe
weggelockt
wurden.
Die
Schäden
an
diesem
später
gesäten
Biomaisfeld
waren
so
groß,
dass
80%
der
Ernte
ausfielen.
Fazit:
Der
Abschuss
und
das
Aufhängen
von
toten
Krähen
wirken
in
diesem
Fall
wenig
bis
gar
nicht,
„unabsichtliche Ablenkfütterungen mit Biomais“ hingegen schon.“
Effektiver
scheint
hierbei
ein
anderer
Raubvogel
zu
sein,
denn
Habichte
schaffen
krähenbrutfreie
Zonen
bis
zu
1,5
km
in
der
Landschaft
durch
Verdrängung.
Krähen
wissen
offenbar,
dass
ihre
Chancen
auf
Bruterfolg
in
so
großer
Nähe
zum
gefährlichen
Nachbarn
gering
sind.
Bei
neuem
Auftauchen
in
Waldstücken
von
Habicht-Paaren
kann
es
sogar
zu
tödlichen
Konfrontationen
zwischen
den
Arten
kommen.
Eine
Untersuchung
zur
Ökologie
der
Krähenvögel
zeigte
auf,
dass
die
Habichte,
die
im
Mai
und
Juni
über
dem
Kronendach
ihres
Horstbereiches
flogen,
in
der
Regel
sofort
von
Krähen,
die
aus
der
umliegenden
Landschaft
herbeikamen
die
Habichte
teils
intensiv
und
lange
anhaltend
hassten
(Anm.:
das
ist
ein
ornithologischer
Fachbegriff.
Darunter
ist
ein
Verhalten
vieler
Vogelarten
zu
verstehen,
mittels
lauter
Alarmrufe,
Scheinangriffen
und
anderer
Methoden
potentielle
Feinde
zu
vertreiben
und
Artgenossen
vor
diesen
zu
warnen).
Fazit:
Krähenvögel
und
Greifvögel
können
durchaus
als unverträgliche „Erzfeinde“ bezeichnet werden.
Um
aber
noch
versöhnliche
Schlussworte
zu
finden,
blättere
ich
nochmals
in
Brehm`s
Tierleben
nach.
Dort
erfährt
man
weiters
über
die
Fähigkeiten
der
Rabenvögel:
„Er
lernt
trefflich
sprechen,
bellt
wie
ein
Hund,
lacht
wie
ein
Mensch und ruckst wie eine Taube.“
Fallbeispiel Nußbach: Abschuss und Aufhängen toter Krähen.
So alt wie die Vögel bereits entwicklungsgeschichtlich sind, so alt sind die
Kämpfe um Revier, um Eier, um Nachkommenschaft. Das wird sich auch die
nächsten paar Millionen Jahre nicht ändern, außer der Mensch kommt mit
seiner Moral …
Fotomontage: der MÜRZPANTHER
Die Rabenkrähe - Corvus corone
Im Jahr 2014 hat die Steiermärkische
Landesregierung eine Verordnung über die
Ausnahme vom Verbot des absichtlichen Tötens für
Rabenkrähen erlassen. Danach durften in fünf
Jahren 16.889 Individuen „zur Abwendung
erheblicher Schäden an Kulturen“ abgeschossen
werden.
Fotocredit: pixabay