DIE VEKTOREFFIZIENZ DER NATUR!
Wie
klingt
das:
Die
Larve
nimmt
die
erste
Blutmahlzeit,
die
Nymphe
die
zweite
und
die
Erwachsenen
die
dritte.
Daraufhin
vermehren
sie
sich.
Der
Name
dieser
zu
den
Milben
und
damit
zu
den
Spinnentieren
gehörigen
Tierart
ist:
der
gemeine
Holzbock.
Aber
alle
Arten
der
Ixodida
-
der
Zecken
-
sind
blutsaugende
Ektoparasiten
an
Wirbeltieren,
darunter
auch
dem
Menschen.
Dabei
lassen
sie
sich
natürlich
nicht
von
den
Bäumen
fallen,
sondern
sitzen
meist
auf
der
Spitze
von
hohem
Gras
oder
Strauchwerk
bis
1,5
Meter
Höhe.
Ab
einer
Außen-
temperatur
von
5°C
bis
7°C
wird
nach
einem
Wirt
gesucht,
richtig
wohl
fühlen
sie
sich
aber
erst
ab
einer
Temperatur von 15°C bis 20°C und bei feuchtem Wetter.
Haben
sie
einen
Wirt
gefunden,
dann
sondern
Zecken
Sekrete
zur
Hemmung
von
Blutgerinnung
und
Schmerzen
an
der
Einstichstelle
ab
–
so
können
sie
einige
Tage
ungestört
Blut
saugen.
Aber
nicht
vom
Stich
selbst
geht
die
Gefahr
für
Tier
und
Menschen
aus,
sondern
von
deren
„Vektorkompetenz“,
die
Holzbock,
Buntzecke
und
Reliktzecke
mitbringen:
nämlich
dem
Übertragen
von
diversen
Krankheiten.
Frühsommer-Meningoenzephalitis
(FSME),
Borreliose,
Babesiose,
Ehrlichiose
oder
Rickettsiose,
die
durch
verschiedene
Erregerarten
übertragen
werden. Bakterien, Viren, Parasiten.
Die
Zecken
sind
faszinierende
Lebewesen,
die
sich
in
ihrer
350
Millionen
Jahre
alten
Geschichte
noch
dazu
kaum
verändern
mussten
-
so
erfolgreich
sind
sie!
Der
MÜRZPANTHER
widmet
sich
in
einem
spannenden
Gespräch
mit
Fr.
Prof. Dr. Anja Joachim vom Zentrum für Pathobiologie der Vetmeduni Wien
diesem kleinen Blutsauger.
Innerhalb
von
Sekunden
nach
einem
Zeckenstich
wird
Speichel,
der
verschiedene
bioaktive
Moleküle
enthält,
in
die
Haut
des
Wirts
ausgeschieden,
was
zu
einer
Erweiterung
von
Blutgefäßen,
einer
Hemmung
der
Gerinnung
und
entzündungshemmenden
Wirkungen
führt.
Dieser
Prozess
hält
während
der
gesamten
Blutmahlzeit
an
und
dauert
je
nach
Lebensphase
und
Zeckenart
bis
zu
zwei
Wochen.
Während
dieser
Zeit
müssen
Zecken
die
Abwehrmechanismen
des
Wirts
umgehen
oder
unterdrücken,
um
die
Fresseffizienz
zu
verbessern
und
unentdeckt
zu bleiben. Dies wird durch eine große Anzahl bioaktiver Komponenten im Zeckenspeichel erreicht.
dMP:
Zecken
sondern
Sekrete
zur
Hemmung
von
Blutgerinnung
und
Schmerzen
an
der
Einstichstelle
ab
–
so
können
sie
einige
Tage
ungestört
Blut
saugen.
Welche
Komponenten/
Sekrete/
Chemie
sind
für
die
Gerinnungshemmung und welche für die Hemmung von Schmerzen verantwortlich?
Prof.
Dr.
Anja
Joachim:
Zecken
produzieren
während
des
Saugakts
Speichel
in
verschiedenen
Drüsen,
den
sie
alle
5-30
Sekunden
abgeben.
Er
enthält
Serpine
und
Cystatine
(Protease-Inhibitoren),
so
genannte
Evasine
(diese
Chemokine
locken
u.a.
Entzündungszellen
an
die
Stichstelle),
Lipocaline
(Stoffe,
die
hydrophobe
Sub-
stanzen,
die
Schmerz
und
Entzündung
vermitteln,
binden
können)
und
Metalloproteasen.
Die
Zusammensetz-
ung
ist
zumindest
zwischen
den
Gattungen
der
Schildzecken
unterschiedlich.
Systematische
Studien
dazu
sind
selten,
da
die
Haltung
von
Zecken
im
Labor
und
die
Speichelgewinnung
sehr
aufwändig
und
Speziallabors
vorbehalten ist.
Neueste
Forschungsschwerpunkte
auch
an
der
medizinischen
Uni
in
Wien
liegen
auf
der
therapeutischen
Nutz-
ung
von
Proteinen
im
Zeckenspeichel.
Bestimmte
hemmende
Stoffe
daraus
haben
sich
in
ersten
Studien
als
vielversprechend
für
die
Behandlung
von
chronisch
entzündlichen
Hauterkrankungen
erwiesen.
Die
Forschung
an
Zeckenspeichel
steckt
noch
in
den
Anfängen,
doch
die
neuesten
Erkenntnisse
zeigen
das
große
Potenzial
dieser
Moleküle
für
die
Medizin.
Durch
modernste
Methoden
wie
maschinelles
Lernen
könnten
in
Zukunft
weitere
bioaktive
Substanzen
entdeckt
und
für
therapeutische
Zwecke
genutzt
werden,
erfährt
man
aus
der
neuesten
Aussendung der Med Uni Wien.
„Bereits
Sekunden
nach
einem
Zeckenstich
gibt
das
Tier
seinen
Speichel
in
die
Haut
des
Wirts
ab,“
erklärt
Johanna
Strobl
von
der
Universitätsklinik
für
Dermathologie
in
Wien
„enthaltene
bioaktive
Moleküle
bewirken
eine
Erweiterung
der
Blutgefäße,
hemmen
die
Blutgerinnung
und
unterdrücken
Entzündungsreaktionen.
Dadurch
wird
nicht
nur
die
Immunabwehr
des
Wirts
geschwächt,
so
dass
Zecken
länger
anhaften
können,
sondern
auch
die Wahrscheinlichkeit einer Infektion durch Erreger erhöht.“
Die Verbesserung der Fresseffizienz!
dMP:
Könnte
man
jene
Stoffe,
die
für
die
Hemmung
von
Schmerzen
zuständig
sind,
nicht
als
Lokal-
anästhetikum
verwenden
–
oder
wird
das
ohnedies
bereits
gemacht
und
werden
die
Substanzen,
die
für
die
Gerinnungshemmung zuständig sind in der Pharmakologie für Humanpräparate genutzt?
Prof.
Dr.
Anja
Joachim: Ein
Lokalanästhetikum
benötigt
eine
völlig
andere
Wirkweise;
es
dient
der
Schmerzaus-
schaltung
per
se,
nicht
der
Entzündungshemmung.
Außerdem
wird
man
keine
Proteine
für
so
eine
Anwendung
entwickeln,
denn
jedes
Fremdprotein
wird
vom
Körper
des
Wirtes
als
solches
erkannt
und
es
bilden
sich
Antikörper, die bei wiederholtem Kontakt zu einer Allergie führen können.
Ähnlich
steht
es
um
die
Gerinnungshemmung;
die
Stoffe
aus
dem
Zeckenspeichel
zerstören
ganz
lokal
die
körpereigenen
Proteine,
die
die
Gerinnung
vermitteln.
Die
Gerinnung
wird
durch
die
Verletzung
der
Blutgefäße
ausgelöst.
Gerinnungshemmer
in
der
Medizin
werden
bei
erhöhter
systemischer
Gerinnungsneigung
Z.B.
bei
Vorhofflimmern,
also
einer
Herzerkrankung)
eingesetzt
und
sollen
im
ganzen
Körper
die
Gerinnungsneigung
herabsetzen,
um
die
Bildung
von
Thromben
zu
verhindern.
Die
Zecke
macht
das
nur
lokal,
indem
sie
Enzyme
abgibt,
die
die
Gerinnung
in
dem
von
ihr
verletzten
Blutgefäß
verhindern
sollen,
Das
kann
man
nicht
auf
den
Gesamtorganismus übertragen.
Die
Häufigkeit
der
übertragenen
Infektionskrankheiten
wird
in
Zukunft
noch
zunehmen,
da
sich
Zecken
weltweit
durch
den
Klimawandel
immer
weiter
ausbreiten.
Die
Höhengrenze
von
1.000
Meter
über
der
Adria
stimmt
schon
lange
nicht
mehr.
Einzelne
Fundstellen
liegen
höher
als
1.500
MüA.
Wie
widerstandsfähig
sie
sind,
beweist
auch
die
Tatsache,
dass
Zecken
kurzzeitiges
Einfrieren
bis
zu
minus
20
Grad
Celsius
überleben.
Daneben
ranken
sich
unendlich
viele
Mythen
um
das
Spinnentier,
seit
neuestem
auch
um
die
Ausbreitung
der
tropischen
Riesenzecke,
der Hyalomma marginatum.
dMP:
Zur
tropischen
Riesenzecke:
Bis
in
welche
Höhen
kommt
diese
vor
und
gibt
es
bereits
Studien,
wie
sie
sich verbreitet?
Prof.
Dr.
Anja
Joachim: Die
tropische
Riesenzecke
kommt
bei
uns
so
selten
vor,
dass
es
keine
Angaben
dazu
gibt,
bis
in
welche
Höhe
sie
gefunden
werden
kann.
Auch
in
ihrem
Ursprungsgebiet
gibt
es
keine
Daten
dazu,
bei
Zecken
ist
das
meistens
eine
Mischung
aus
Breitengraden
und
Höhenstufen
(je
näher
zum
Äquator
desto
höher
die
erreichten
Höhenstufen).
Da
Zecken
an
ihre
Wirte
sehr
gebunden
sind
dürften
Hyalomma-Arten
immer
dort
vorkommen, wo ihre bevorzugten Wirte, große Pflanzenfresser, grasen.
Diese
Zecke
verbreitet
sich
nicht
nach
Mitteleuropa,
es
gibt
bisher
lediglich
Einzelfunde,
die
von
Zugvögeln
herrühren,
die
die
Zecken
aus
ihren
Winterquartieren
mitbringen.
Für
Hyalomma
marginatum,
gibt
es
Modelle
für
die
möglichen
Verbreitungsgebiete
in
Europa
und
Asien.
Milde
Lagen
wie
z.B.
der
Osten
Österreichs,
Nord-
westdeutschland
und
die
Gebiete
um
die
Nordsee
gelten
als
mögliche
Habitate,
aber
eine
Verbreitung
oder
regelmäßige
Funde
sind
bisher
nicht
beschrieben.
Auch
Klimamodelle
zur
Vorhersage
einer
Ausbreitung
zeigen,
dass
diese
Zecke
in
Europa
auf
den
Mittelmeerraum
beschränkt
bleibt.
Nur
eine
starke
Temperaturerhöhung
könnte
eine
Verbreitung
bis
nach
Süd-
und
Ostösterreich
möglich
machen
–
dafür
wird
die
zunehmende
Trockenheit die Zecke dann aus Anatolien verdrängen.
dMP: Herzlichen Dank für das Interview!
Eine Erweiterung der Blutgefäße und Hemmung der Blutgerinnung.
Zecken suchen sie sich an ihrem Opfer eine geeignete Stelle,
etwa beim Menschen den Genitalbereich, um festen Halt zu
haben. Blut lässt die Zecke wachsen. Die Zecke saugt das Blut
ohne Umwege in ihren Darm, wodurch ihr Eigengewicht um ein
Vielfaches steigt. Der Darm besteht aus vielen Anhängen und ist
so dehnbar, dass eine vollgesaugte Zecke bis zu 200-mal so viel
wiegen kann wie eine hungrige.
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Eigentlich ist er ja ganz hübsch, der gemeine Holzbock. Aber wie
erkennt er eigentlich einen potentiellen Wirt? Überraschend:
Über ein Organ im untersten Segment des vordersten Beinpaars,
das sogenannte Haller-Organ. Einer der chemischen Reize, auf
die das Organ anspricht, sind Butter- und Milchsäure, die beim
Schwitzen des Wirts freigesetzt werden. Auf solche Sensoren sind
sie auch angewiesen, da Zecken keine Augen besitzen.
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