SIE SIND ÜBERALL!
Das
Wort
Reifenabrieb
ist
für
sich
bereits
nicht
all
zu
Appetit
anregend,
aber
wenn
sich
diese
Stoffe
auch
im
Salat
befinden,
könnte
es
bedenklich
werden.
Genau
diesem
Umstand
gehen
in
einer
aktuellen
Studie
um
den
Umweltgeowissenschafter
Thilo
Hofmann
vom
Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien nach.
1
kg
Reifenabrieb
erzeugt
im
Schnitt
jeder
Einwohner
pro
Jahr.
Doch
wie
gelangen
diese
Stoffe
von
der
Straße
auf
den
Teller?
Die
Antwort
darauf
ist
denkbar
einfach:
Wind,
Klärschlamm
und
gereinigtes
Abwasser
tragen
Reifenabriebpartikel
von
den
Straßen
auf
Ackerflächen
und
die
in
den
Partikeln
enthaltenen
Schadstoffe
könnten
in
das
dort
angebaute Gemüse gelangen.
Muss
der
Verzehr
von
Gemüse
also
neu
überdacht
werden,
der
bisher
als
gesund
galt?
Bedarf
es
weiterer
Studien,
um
endgültige
Aussagen
darüber
zu
treffen?
Der
MÜRZPANTHER
hat nachgefragt und ein Gespräch mit Thilo Hofmann geführt.
ACHTUNG! Dieser Artikel enthält folgende Ausdrücke:
„
Reifenabriebpartikel enthalten eine Reihe von hochgiftigen Substanzen.
“
„Wir gehen davon aus, dass auch andere Pflanzen die Schadstoffe aufnehmen.“
Bevor
wir
uns
mit
den
schädlichen
Stoffen
des
Reifenabriebes
beschäftigen,
gilt
es
im
Vorfeld
zu
klären,
woraus
überhaupt
ein
Autoreifen
besteht:
der
Großteil
ist
Natur-
und
Synthetikkautschuk
-
ca.
40%.
Der
synthetische
Anteil
wird
dabei
aus
Erdgas
und
bestim-
mten
Anteilen
des
Erdöls
gewonnen.
Weitere
30%
bestehen
aus
Ruß,
Kieselsäure
und
Kohlenstoff,
15%
sind
Verstärkungsmaterialien
wie
Polyester
und
Nylon
und
mindestens
5%
tragen
Weichmacher
bei.
Substanzen,
die
die
Alterung
verhindern,
und
andere
chemische
Stoffe
sind
mit
2
%
des
Gesamtvolumens
vertreten.
Der
Reifenabrieb
beinhaltet
natürlich
alle
Stoffe
-
welche
davon
sind
aber
als
schädlich
einzustufen
und
könnten
auch
im
natürlichen
Umfeld
unseren
Salat
kontaminieren?
"
Reifenabriebpartikel
enthalten
eine
Reihe
von
organischen
Chemikalien,
von
denen
einige
hochgiftig
sind"
,
erzählt
Anya
Sherman,
Doktorandin
am
Zentrum
für
Mikrobiologie
und
Umweltsystemwissenschaft
und
Co-Erstautorin der aktuell veröffentlichten Studie.
Für
den
Nachweis
setzen
die
Umweltgeowissenschafter
unter
Laborbedingungen
den
Nährlösungen
von
Salatpflanzen
fünf
Chemikalien
zu.
Vier
dieser
Chemikalien
werden
bei
der
Reifenherstellung
verwendet.
Die
fünfte
in
der
Studie
verwendete
Chemikalie
ist
ein
Umwandlungsprodukt
einer
dieser
vier
Chemikalien.
Wenn
Reifen
in
Gebrauch
sind,
entsteht
aus
6PPD
das
Umwandlungsprodukt
6PPD-Chinon.
Es
ist
nachweislich
giftig:
Die
Chemikalie
wurde
etwa
mit
dem
Massensterben
von
Lachsen
in
den
USA
in
Verbindung
gebracht.
6PPD
neutralisiert
über
einen
chemischen
Prozess
Sauerstoff
und
schützt
dadurch
den
Reifengummi
vor
Alterung
und
Versprödung.
Welche
Wege
führen
nun
dazu,
dass
diese
Partikel in die Salatpflanzen gelangen?
„Die Stoffwechselprodukte stellen eine nicht abschätzbare Gesundheitsgefahr dar.“
Die
Reifenpartikel
werden
mitsamt
ihrer
Zusatzstoffe,
den
so
genannten
Additiven,
die
für
bestimmte
Fahreigenschaften
und
die
Haltbarkeit
der
Reifen
sorgen,
durch
Wind,
Klär-
schlamm,
der
in
der
Landwirtschaft
als
Düngemittel
eingesetzt
wird,
und
gereinigtes
Abwas-
ser
von
den
Straßen
auf
Ackerflächen
getragen.
Dort
gelangen
sie
in
das
angebaute
Gemüse,
weil
die
kleinen
Kunststoff-
oder
Reifenpartikel
ihre
Schadstoffe
meist
in
oberen
Boden-
schichten freigeben und so über die Wurzeln aufgenommen werden.
dMP: Nehmen alle Pflanzen diese Schadstoffe auf? Beispielsweise auch Getreide?
Prof.
Thilo
Hofmann:
Wir
haben
Salat
getestet.
Versuche
mit
anderen
Gemüsesorten
laufen,
wir
prüfen
die
Anreicherung
und
gehen
davon
aus,
dass
wir
Schadstoffe
in
Wurzeln
und
Früchten nachweisen werden.
dMP: Schädigen diese Stoffe auch Bodenlebewesen wie Regenwürmer oder Insekten?
Prof.
Thilo
Hofmann:
Bis
jetzt
ist
die
Wirkung
auf
Fische
wie
Forellen
oder
Lachse
nachgewiesen.
dMP: Werden die Reifenpartikel auch über die Bewässerung der Felder verbreitet?
Prof.
Thilo
Hofmann:
Ja,
wenn
gereinigtes
Abwasser
verwendet
wird,
was
international
zum
Beispiel
in
Israel
massiv
passiert.
Auch
in
Deutschland
wird
dieses
Wasser
zur
Bewässerung
der Felder eingesetzt.
Natürlich
gibt
es
in
der
EU
eine
Verordnung
zur
Wasserwiederverwendung
–
die
Water
Reuse
Regulation
.
Dieser
ist
zu
entnehmen,
dass
Güteklassen
von
aufbereitetem
Wasser
und
zulässige
landwirtschaftliche
Verwendungszwecke
und
Bewässerungsmethoden
festgelegt
werden.
Schwermetalle,
Pestizide,
Desinfektionsnebenprodukte,
Arzneimittel
und
andere
Stoffe,
die
laut
Verordnung
zunehmend
Anlass
zu
Besorgnis
geben,
sollen
nur
im
Rahmen
von
zusätzlichen
Anforderungen
in
die
Risikoanalyse
einbezogen
werden,
wenn
„
zusätzliche
oder
strengere
oder
zusätzliche
und
strengere
Anforderungen
an
die
Wasserqualität
und
an
die
Überwachung
“
für
die
Sicherstellung
eines
angemessenen
Schutzes
der
Umwelt
und
der
Gesundheit
von
Mensch
und
Tier
erforderlich
und
zweckmäßig
sind.
Und
weiters
-
wie
nicht
anders
zu
erwarten:
Mitgliedstaaten
haben
die
Möglichkeit,
die
Anwendung
der
Verordnung
in
ihrem
Bundesgebiet
auszusetzen,
wenn
beispielsweise
aufgrund
klimatischer
und
geografischer Gegebenheiten kein Bedarf besteht …
"Wenn
diese
Chemikalien
in
der
Wurzelzone
essbarer
Pflanzen
freigesetzt
werden,
können
sie
für
die
Verbraucher
gesundheitlich
bedenklich
sein
-
vorausgesetzt,
die
Chemikalien
werden
von
den
Pflanzen
aufgenommen."
sagt
dazu
Anya
Sherman.
Genau
dieser
Frage
widmete
sich
das
Forschungsteam
in
mehreren
Experimenten.
Mittels
hochauflösender
Verfahren
der
Massenspektrometrie
maßen
sie,
in
welchem
Umfang
die
zuvor
definierten
Chemikalien in den Salatpflanzen landeten.
dMP:
Gibt
es
bereits
Richtwerte
für
Limits
der
Schadstoffbelastung,
bzw.
kontrolliert
die
AGES in dieser Richtung?
Prof.
Thilo
Hofmann:
Nein.
Nur
wenige
der
>1000
Stoffe,
die
man
in
Klärschlämmen
erwartet,
sind
reguliert.
Und
genau
hier
liegt
das
Problem.
Einige
wenige
Metalle
sind
reguliert,
aber
die
riesige
Anzahl
von
organischen
Schadstoffen
im
Abwasser
ist
überhaupt
nicht erfasst.
dMP:
Wäre
es
möglich
die
Schadstoffe
zu
„binden“
und
damit
im
Vorfeld
und
im
Salatanbau ihre Toxizität zu entschärfen?
Prof.
Thilo
Hofmann:
In
der
4.
Reinigungsstufe
des
Abwassers
wäre
das
möglich,
bei
Klär-
schlamm nicht.
dMP:
Gibt
es
bereits
Studien,
mit
welchen
Krankheiten
diese
Stoffe
in
Verbindung
gebracht werden können?
Prof. Thilo Hofmann: Nein.
Die
Wissenschafter
identifizierten
aber
auch
die
Stoffe,
zu
denen
diese
in
der
Salatpflanze
verstoffwechselt
wurden:
"Die
Pflanzen
verarbeiteten
die
Stoffe
und
erzeugten
dabei
auch
Verbindungen,
die
bisher
nicht
beschrieben
wurden.
Da
wir
die
Toxizität
dieser
Stoffwech-
selprodukte
nicht
kennen,
stellen
sie
eine
nicht
abschätzbare
Gesundheitsgefahr
dar
",
betont
Thorsten
Hüffer,
Senior
Scientist
am
Zentrum
für
Mikrobiologie
und
Umweltsystem-
wissenschaft.
dMP:
Vom
Labor
zum
Feldversuch
–
sind
hier
aufgrund
des
natürlichen
und
komplexeren
Umfeldes (Erde) andere Ergebnisse zu erwarten?
Prof.
Thilo
Hofmann:
Ja,
sind
es.
Genau
diese
Versuche
machen
wir
derzeit.
Wir
gehen
davon
aus,
dass
bei
nur
geringen
Belastungen
der
Boden
diese
Stoffe
adsorbieren
wird
und
Mikroorganismen
diese
abbauen,
wir
aber
bei
hohen
Konzentration
an
Klärschlamm
mit
Reifenabrieb
den
Stoff
sehr
wohl
in
den
Pflanzen
finden.
Diese
Versuche
beginnen
gerade-
als logischer nächster Schritt.
dMP: Herzlichen Dank für das Interview!
Natürlich
trägt
auch
der
MÜRZPANTHER
zum
Reifenabrieb
bei.
Vor
allem
durch
die
Wege
von
und
zum Arbeitsplatz in Wartberg im Mürztal.
Foto:
der MÜRZPANTHER
Bis
jetzt
gibt
es
nur
Studien
aus
dem
Labor
-
deren
Analysen
ergaben:
Der
Salat
nahm
alle
untersuchten
chemischen
Verbindungen
-
einige
davon
hochgiftig
-
auf.
Foto:
der MÜRZPANTHER
So
stellt
sich
die
Anordnung
im
Labor
dar.
Demnächst
wird
aber
auch ein Feldversuch um das Thema stattfinden.
Foto: Gabriel Sigmund