der muerzpanther
IN 140 JAHREN KAM ES EINMAL VOR … Der   Bahnhof   von   Neuberg   an   der   Mürz   feiert   einen   eindrucksvollen   Geburtstag.   140   Jahre   hat   dieses   Baujuwel fast   unverändert   überstanden.   Dieses   Gebäude   aus   Naturstein   und   seinen   reich   verzierten   Holzfachgiebeln wurde     im     Jahre     1879     errichtet.     Geplant     hat     das     Bauwerk     der     Baudirektor     der     österreichischen Südbahngesellschaft:   Ritter   von   Flattich,   ein   deutsch   -   österreichischer   Architekt.   Aus   seiner   Hand   stammen der   Hauptbahnhof   in   Graz   (1876-   1878,   im   2.   Weltkrieg   zerstört),   der   alte   Südbahnhof   in   Wien   (1867-   1870, ebenfalls zerstört) oder der Hauptbahnhof in Triest (1878), der heute noch in Funktion ist. Ich   möchte   -   auch   weil   ich   bereits   sehr   viel   Zeit   durch   meine   Ausstellungen   dort   verbracht   habe   -   keine wissenschaftliche   Abhandlung   über   den   Bahnhof   bringen,   sondern   Bilder   und   Atmosphäre   zeichnen.   Um   die Atmosphäre   und   die   Beziehung   von   vielen   Einheimischen   und   die   jüngeren   Geschichten   einzufangen   und vermitteln   zu   können,   habe   ich   Interviews   geführt.   Folgen   Sie   mir   auf   eine   spannende   Reise,   die   in   Neuberg beginnt   und   in   Neuberg   endet.   Wir   waren   bei   Erich   Nährer,   dem   letzten   Fahrdienstleiter,   der   viel   zu   erzählen hat   und   eine   unglaubliche   fotografische   Dokumentation   angelegt   hat.   Der   Mürzpanther   hat   in   diesen   Schatz Einsicht bekommen!
Erich   Nährer:   Sagt   Ihnen   Viktor   Kaplan   etwas?   Natürlich!   Der   Vater   von   Viktor   Kaplan   war   ebenfalls   -   so   wie ich    -    Fahrdienstleiter    in    Breitenstein.    Viktor    Kaplan    wurde    im    Wächterhaus    neben    dem    Schranken    in Breitenstein geboren. Sein Vater war der erste Bahnhofsvorstand in Neuberg und ich der letzte! dMP: Da spannt sich ein Bogen ... Wie kamen Sie nach Neuberg? Erich    Nährer:    Ich    habe    die    Fahrdienstleiterausbildung    absolviert    und    mein    erster    Dienstposten    als Fahrdienstleiter   war   in   Piesting,   dann   Spital   am   Semmering,   Ternitz,   dann   fünf   Jahre   in   Breitenstein   und danach   bin   ich   aufgrund   meiner   Farbuntüchtigkeit,   wodurch   ich   für   den   Verkehrsdienst   untauglich   war,   nach Neuberg   gekommen.   Ich   konnte   ja   auf   keinem   Bahnhof   Dienst   ausüben,   auf   dem   es   Lichtsignale   gegeben hat.   In   Neuberg   hat   es   die   "Trapeztafeln"   gegeben,   und   mein   Vorgänger,   Herr   Hendling   hat   den   Dienstposten frei   gemacht   und   ich   habe   meinen   ersten   Dienst   im   Februar   1978   angetreten   -   bis   zur Auflassung   des   Postens des    Bahnhofvorstandes    im    Jahre    1983.    Zwischendurch    habe    ich    auch    in    der    Dienstwohnung    gewohnt,      ungefähr drei Jahre und bin danach in die Generaldirektion nach Wien gewechselt. dMP:  Wie war das Wohnen im Bahnhofsgebäude? Erich   Nährer:   Die   Winter   waren   natürlich   herrlich,   das   Morgenrot   auf   der   Schneealm   wunderbar,   jeden   Tag ...   Irgendwann   kann   man   es   dann   nicht   mehr   gesehen.   Wenn   man   auf   der   anderen   Seite   hinausgeschaut   hat, war    es    finster.    Und    das    bei    -    23°C,    von    November    bis    Ende    März!    Kein    einziger    Sonnenstrahl    am wunderschönen Bahnhof Neuberg! dMP: Wie war die Heizung und Beleuchtung? Erich   Nährer:   Der   Brennstoff   war   schnell   aufgebraucht.   In   der   Fahrdienstleitung   war   ein   schöner   Kachelofen, der   irgendwann   abgebaut   worden   ist.   Im   Warteraum   ist   ein   Kanonenofen   gestanden.   Zur   Hundertjahrfeier kamen   in   den   Warteraum   auch   neue   Luster,   die   mein   Vor   -   Vorgänger,   Herr   Eichhorn   vom   Eisenbahn-   oder Technischen   Museum   organisiert   hat   und   für   diesen   Anlass   natürlich   auch   ein   Dampfsonderzug.   Das   war damals   schon   eine   Seltenheit.   Zu   dieser   Feier   hat   man   mir   eine   nostalgische   kuk   Uniform   verpasst   -   mit Säbel ...
dMP: Ist der Boden noch Originalzustand? Erich   Nährer:   Als   ich   gekommen   bin,   war   schon   der   Ölfußboden   drinnen.   Es   kann   aber   sein,   dass   in   dem Hofwartesaal   erster   Klasse,   der   für   den   Empfang   des   Kaisers   auf   seinen   Jagdreisen   nach   Neuberg   bestimmt war, einmal ein gepflasterter Boden war ... Zur   Dienstabwicklung   ist   zu   bemerken,   dass   wir   eine   ganz   einfache   Sicherungsanlage   gehabt   haben,   die   sich Schlüsselbrett   genannt   hat.   Die   Schlüssel   hingen   an   einem   Kasterl   an   der   Wand.   Wenn   die   Weiche   in   der Grundstellung   war,   also   in   der   Geraden,   dann   ist   ein   viereckiger   Schlüssel   drauf   gehängt.   Und   wenn   wir   am Nachmittag   den   Güterzug   erwartet   haben   und   der   Regionalzug   schon   dagestanden   ist   -   umgedreht   für   die Rückfahrt    nach    Mürzzuschlag,    damals    noch    mit    den    kleinen    Diesellocks    und    zwei    bis    dreiachsigen Personenwagen    -    dann    hat    der    Weichenwerter    die    Weiche    eins    aufgesperrt,    umgedreht    und    mit    dem dreieckigen    Schlüssel    wieder    zugesperrt.    Dann    ist    der    dreieckige    Schlüssel    am    Brett    gehängt.    Der Fahrdienstleiter hat so gesehen, dass die Weiche 1 in die Ablenkung für den Güterzug gestellt ist. dMP: Sie waren aber nicht sieben Tage die Woche am Bahnhof! Erich   Nährer:   Ich   hatte   eienen   Tag   in   der   Woche   frei,   dann   verlängerter   Tagdienst   von   4   Uhr   40   bis   20   Uhr   30. Dadurch   habe   ich   ein   paar   Überstunden   zusammengebracht,   die   über   den   Zeitausgleich   abgebaut   wurden.   In so   einem   Fall   ist   ein   Fahrdienstleiter   aus   Mürzzuschlag   gekommen,   der   Springer   für   Neuberg   und   Mürzzuschlag und   hat   2   bis   3   Touren   in   Neuberg   abgewickelt.   Da   hat   er   sich   ein   bisschen   ausrasten   können,   weil   es   in Mürzzuschlag   am   Zentralstellwerk   viel   heftiger   war!   Ich   war   der   Bahnhofsvorstand,   in   der   zweiten Tour   war   ein Fahrdienstleiter   und   jeweils   ein   Weichenwärter.   Der   Herr   Weidhofer   -   der   Seiser   Herbert   war   der   Zweite.   Beide sind   leider   bereits   verstorben.   Später   haben   wir   nur   mehr   einen   Weichenwärter   gehabt,   den   Herrn   Ganshofer, der jetzt Gitarrist bei den Paldauern ist. Er war auch Springer für Mürzzuschlag und Neuberg. dMP: Wie war damals das Zugsaufkommen? Erich   Nährer:   Natürlich   gab   es   Personenverkehr   zwischen   Mürzzuschlag   und   Neuberg   und   am   Nachmittag   hat   es den    GmP    -    den    Güterzug    mit    Personenbeförderung    mit    zweiachsigem    Personenwagen    und    Dienstabteil    - gegeben.   Da   mussten   dann   die   Weichen   umgestellt   werden.   Immer   dann,   wenn   die   Diesellock   den   Zug umfahren    musste.    Das    war    aber    nur    eine    Verschubfahrt,    der    dreieckige    Schlüssel    ist    dafür    nicht hereingekommen.   Aber   wenn   der   Güterzug   an   die   Trapeztafel   gekommen   ist   hat   der   stehende   Zug   in   Neuberg das   Signal   "Kommen"   -   einen   langen,   einen   kurzen   und   wieder   einen   langen   Ton   -   abgegeben.   Der   Lockführer vom   Güterzug   wusste   dann,   dass   er   einfahren   kann.   Wenn   er   das   akustische   Signal   nicht   bekommen   hat, musste   er   bei   der   Trapeztafel   warten.   Der   Fahnenwärter   konnte   das   Signal   zum   Einfahren   aber   auch   optisch mit der Fahne geben. Der   Rest   waren   Güterwagen,   gelegentlich   haben   die   schon   in   Arzbach   bei   den   Veitscher   Magnesitwerken verschoben.   Sie   haben   aus   Ungarn   Weichholz   bekommen,   daraus   wurden   Paletten   für   die   Laboreinrichtungen gemacht. Der   Personenzug   ist   abgefahren   und   der   Güterzug   hat   dann   in   Neuberg   Zeit   gehabt,   um   zu   verschieben.   Wenn Kohle   gekommen   ist   oder   Stroh   für`s   Landforsthaus,   auch   irgendwelche   Getreidesäcke   ...   Der   Hauptkunde   war das   Sägewerk   der   Bundesforste,   das   später   leider   zugesperrt   hat.   Und   das   war   auch   der   Tofdesstoß   für   die Zugsverbindung.   Nachher   gab   es   nur   noch   Verkehr   mit   Triebwagen   und   wir   Mitarbeiter   haben   noch   initiiert,   bis zur   Brücke   des   Hauptplatzes   zu   fahren   -   die   Haltestelle   Neuberg   Ort.   Das   war   für   uns   Fahrdienstleiter   und Bahnhofsvorstände   das   Ende,   weil   wir   nicht   mehr   umfahren   und   auch   keine   Weiche   stellen   mussten.   Die Lockführer haben den Betrieb - das Annehmen und das Abmelden per Funk oder Telefon selbst abgewickelt.
dMP: Wozu dienten die Traisinen? Erich   Nährer:   Auf   dem   Foto   sehen   Sie   eine   Gleismesstraisine.   Sie   haben   den   Abstand   der   Schienen gemessen.   Die   X   626   waren   Bahndienstfahrzeuge,   auf   denen   die   Gleismeister   gefahren   sind   und geschaut   haben,   ob   alles   in   Ordnung   ist   -   oder   sie   sind   mit   dem   Kleinwagen   hingefahren,   um   dort   zu arbeiten. Da haben sich die Zeiten stark geändert ... Eine   andere   Erinnerung   habe   ich,   was   heute   undenkbar   wäre:   Ich   sitze   mit   meinem   Weichenwärter nach   dem   Mittagessen   ruhig   beim   Kaffee   und   wir   warten   auf   den   nächsten   Zug,   als   plötzlich   die   Türe zur   Fahrdienstleitung   aufgeht   und   ein   junger   Mann   in   blauem   Arbeitsgewand   vor   uns   steht   und   sagt: "Grüß   Gott!   Soll   ich   die   Gruabn   auch   zuschüttn?"   -   Der   Weichenwerter   und   ich   schauen   uns   ganz entgeistert   an,   und   fragen:   "Was   für   a   Gruabn?"   "I   hab   mit   der   Raupn   jetzt   das   Heizhaus   niedergrissn, soll   i   mit   dem   Zeug   die   Gruabn   zuaschüttn?"   Die   ehmalige   Drehscheibengrube.   Undenkbar   heute, ohne   Sicherheitsvorkehrungen   ist   er   mit   der   Raupe   über   das   Gleis   gefahren   und   hat   dahinter   das Heizhaus niedergerissen, ohne irgendjemanden ein Wort zu sagen! dMP: Wie hat der Bahnhof baulich - auch die Nebengebäude ausgesehen? Erich   Nährer:   Den   Wasserkran   gibt   es   noch,   von   dem   vor   der   Rückfahrt   Wasser   genommen   wurde,   so auch   der   Güterzug   nach   dem   Verschub   -   meistens   in   Doppeltraktion   der   Baureihe   91   -   wenn   sie abends   nach   Mürzzuschlag   gefahren   sind.   Die   haben   teilweise   12,   13   Waggons   gehabt.   Das   war   schon etwas   für   die   Strecke!   Sie   haben   Schnittholz   in   viele   Länder   und   zu   italienischen   Häfen   nach   Übersee transportiert. dMP: In Richtung Triest? Erich   Nährer:   Nach   San   Giorgio   di   Nogaro,   auch   in   die   Bucht   von   Triest,   Grado,   Jesolo   ...   Teilweise auch   nach   Frankreich   über   die   Schweiz;   Der   Grenzübergang   hieß   Badoneccia   Modane   -   das   weiß   ich heute   noch   -   weil   wir   das   jeden   zweiten   Tag   auf   die   Frachtbriefe   schreiben   mussten!   Natürlich   ist auch die Frachtberechnung noch händisch gemacht worden. dMP:   Für   die   Veitscher   ist   Weichholz   aus   Ungarn   importiert   worden   und   Sie   haben   das   Holz   bis   in den Iran geliefert? Ein Widerspruch? Erich   Nährer:   Das   waren   vielleicht   Weichhölzer   aus   den   Auen,   in   Ungarn   billig   eingekauft   und   für Paletten   war   es   gut   genug.   Anfang   der   Siebziger   Jahre   hat   es   viele   Züge   mit   Holz   aus   Russland gegeben,    das    auf    ungewöhnliche    Weise    in    den    Bundesforste    -    Sägewerken    in    Neuberg    zu österreichischem   Schnittholz   geworden   ist.   Das   ist   dann   auch   wieder   exportiert   worden.   Heute   wird es mit Fleisch gemacht ... dMP: Und mit Eiern, und die Liste kann man fortsetzen. Erich   Nährer:   Zum   Bahnhof:   Im   ersten   Stock   des   Wohntraktes   war   die   Vorstandswohnung,   unten haben    zu    meiner    Zeit    ein    Ehepaar    mit    zwei    Kindern    gewohnt    ...    Der    Mittelblock    war    die Fahrdienstleitung   mit   der   Kassa,   der   Gepäckaufbewahrung   und   dem   WC...   Sehr   malerisch.   Zum   Glück steht   der   Bahnhof   noch!   Ich   hoffe   auch,   dass   Sie   mit   Ihrem   Projekt   bewirken   können,   dass   das   so bleibt ... dMP: Danke für das Gespräch.
Impression einer vergangenen Zeit. Von diesem Foto geht ein unglaublicher Reiz aus. Die 91.107 bei der „Eisernen Brücke“ im Winter 1969/ 70. 
Erste Reihe von links: - Die 100 Jahrfeier am23. Juni 1979, - Entgleisung der 91.33 im Bahnhof Neuberg am 24. Jänner 1961 - Aufnahme um 1931. Nach der Betriebsübernahme durch die BBÖ wurden fast ausschließlich Lokomotiven der Reihe 199 eingesetzt. Zweite Reihe: - Am 24. März 1981 kam zum (vorläufig) letzten Mal eine Garnitur mit Lok und Klassen zum Einsatz. - 91.41 beim Heizhaus Neuberg - k.k.St. B. 97.108 mit den Bediensteten der Betriebsleitung Neuberg anlässlich dere Auflassung im Jahre 1925. Dritte Reihe: - 91.44 bei der Ausfahrt aus Neuberg, im Mai 1971 - Bahnhof Neuberg zur Zeit der Betriebseröffnung 1879 - Wegen großen Neuschneezuwachses (50cm) in der Nacht vom 5./ 6. Dezember wurden die Personenzüge ´Mz-Ng-Mz im „Wendezug Betrieb“ geführt.
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