der muerzpanther
MASCHANZKER HEISST DER GEWINNER Es   gibt   eine   Veranstaltung   namens   Cider   World   Award.   Seit   2017.   Eine   internationale   Fachjury   verkostet   und bewertet   alle   Produkte   nach   dem   bewährten   CiderWorld-120-Punkte-Schema.   Länderspezifische   und   regionale Typizitäten   werden   von   der   Jury   berücksichtigt.   Alleine   die   Tatsache,   dass   es   eine   Auszeichnung   für   die   besten Most- und Apfelweinprodukte gibt, kann als Hinweis für deren steigende Beliebtheit gesehen werden. In   der   noch   kurzen   Geschichte   der   Awards   ist   es   jedoch   noch   keinem   Hersteller   gelungen,   seinen   Titel   zu verteidigen.   Bis   heuer.   In   der   Kategorie   Cider   still    haben   die   Steirer   Peter   und   David   Kargl   aus   Gaal   mit   ihrem „Maschanzker“   wiederholt   die   Auszeichnung   errungen.   Mit   120/120   Punkten   war   der   sortenreine   Apfelwein   für die internationale Fachjury das Maß aller Dinge. Ein   Thema   für   den   MÜRZPANTHER,   der   um   ein   Interview   angefragt   hat   und   viele   interessante   Hintergrund- informationen bekommen hat.
ACHTUNG! Dieser Artikel enthält folgende Ausdrücke:
 NACH OBEN NACH OBEN
dMP:   In   der   Steiermark   Most   herzustellen   hat   eine   lange   Tradition   –   gibt   es   so   eine   auch   im   Verarbeiten   zu Apfelwein? David:   In   der   Region   wurde   immer   sehr   viel   Obst   aber   keine   Weinreben   angebaut,   weswegen   wenig   know   how darüber   vorhanden   war,   wie   man   hochqualitativen   Most   oder Apfelwein   herstellt.   Das   Basiswissen   für   ein   solides und   haltbares   Produkt   war   natürlich   da,   aber   der   Most   hatte   auch   kein   besonders   gutes   Image   –   einfach   durch vielfach   schlechte   Qualität,   die   im   Umlauf   war.   Deswegen   haben   wir   uns   sehr   mit   Önologie   beschäftigt   und versucht, uns die moderne Kellertechnik zunutze zu machen. dMP: Gibt es im Ausbau von Apfelwein zu Wein Parallelen? David:   Absolut!   Bei   uns   fällt   das   Rebeln   weg,   der   ganze   Vergärungsprozess,   der   Nachreifungsprozess   und   die Nachlagerung   sind   aber   sehr   ähnlich.   So   wie   die   Weinbauern   arbeiten   auch   wir   mit   temperaturgesteuerten   Ver- gärungen.   Der   große   Unterschied   zu   Reben   ist   der   Alkohol   durch   den   vorhandenen   Fruchtzucker,   die   Keller- arbeiten und der Ausbau sind aber vielfach ähnlich. dMP: Welche Frucht hat den größeren Zuckergehalt? David:   Die   Traube   hat   viel   mehr   Zucker   –   annähernd   doppelt   so   viel   als   Äpfel.   Deswegen   erreichen   wir   auch   nur einen geringeren Alkoholgehalt, Weißwein hat 10 – 12Vol%, Apfelwein hat 6 – 8Vol%. dMP: Wird beim Ausbau Zucker beigesetzt? David:   Das   hängt   vom   Produzenten   ab   und   ist   generell   auch   nicht   verboten,   um   ca.   10Vol%   zu   erreichen.   Wir setzen   keinen   Zucker   zu,   weil   wir   uns   bewusst   vom   Wein   auch   durch   den   Alkoholgehalt   absetzen   wollen.   Wir profitieren   gerade   vom   low   alcohol   Trend   mit   unseren   Erzeugnissen.   Von   unserem   Produkt   kann   man   daher   das eine oder andere Achterl mehr trinken – gerade die Leichtigkeit unserer Produkte wird sehr geschätzt.  
dMP:   Wie   habt   ihr   zu   dem   Getränk   gefunden,   wie   lange   hat   es   gedauert,   dass   ihr   die   Qualität   erreicht   habt und hat es auch Rückschläge und Zweifel bei der Entwicklung gegeben? David:   Ja   –   Lachen   –   es   war   ein   sehr   langer   Weg.   Begonnen   hat   es   als   Hobby.   Wir   haben   dann   viel   und   lange experimentiert   und   geschaut,   was   herauskommt. Anfänglich   ist   natürlich   auch   einiges   danebengegangen   …   Gute Qualität   haben   wir   erstmals   2015/16   mit   sortenreinen   Abfüllungen   erzielt.   Diese   haben   wir   zu   einer   Landesbe- wertung   eingereicht   und   überraschenderweise   gleich   zwei   Goldmedaillen   gewonnen.   Seit   2017/18   sind   wir   in   der Qualitätsliga,    wo    wir    immer    hinwollten.    Inzwischen    haben    wir    auch    groß    in    das    Kellereigebäude    und    die Vermarktung investiert. Natürlich   hat   es   auch   immer   wieder   Rückschläge   und   Zweifel   gegeben   –   Erfolge   haben   als   Sebstmotivation   und Selbstbestätigung   weitergholfen.   Sehr   viel   Positives   bekommen   wir   auch   von   unseren   Kunden   zurück.   Wenn   man etwas wirklich gerne macht, geht es einmal auf … dMP: Ihr seid ja nicht gerade in der typischen Apfelgegend der Steiermark! David:   Wir   sind   grundsätzlich   keine   Obstbauregion,   aber   bei   uns   gibt   es   sehr   viel   Streuobst:   Hochstämme,   auf die   alte   Sorten   kultiviert   sind.   Dadurch   hat   man   früher   eine   Doppelnutzung   gehabt:   Rinder   konnten   im   Sommer darunter   weiden   und   im   Herbst   hat   man   das   Obst   ernten   können.   Das   hat   sich   über   die   Zeit   geändert.   Der Streuobstgarten    ist    eher    ein    Bewirtschaftungshindernis,    weil    man    in    der    modernen    Landwirtschaft    einen unglaublichen   Zeitdruck   hat.   Wir   kombinieren   noch   die   Milchwirtschaft   mit   der   Obstwirtschaft   –   unsere   Flächen bewirtschaften die Jungrinder und halten die Wiese kurz. dMP: Tragen die Apfelbäume immer gleich oder unterliegt der Ertrag tatsächlich Jahresschwankungen? David:   Bei   den   bei   uns   beheimateten   Streuobstbäumen,   den   Hochstämmen,   gibt   es   das   Phänomen   der Alternanz. Das   besagt,   dass   Bäume   in   ihrer   genetischen   Veranlagung   ein   Rastjahr   und   ein   Tragejahr   haben.   Bei   alten Bäumen   ist   das   sehr   stark   -   bei   neuen   Unterlagen   weniger   stark   verankert.   Das   kann   man   durch   den   Schnitt   ein bisschen    beheben,    funktioniert    aber    nicht    bei    allen    Sorten    gleich.    Für    mich    als    Produzenten    ist    es    eher unangenehm, wenn in einem Jahr Vollernte ist und im nächsten eine nur sehr kleine.
dMP: Welche Apfelsorten verarbeitet ihr? David:    Bei    uns    geht    es    in    erster    Linie    um    alte    Sorten,    weil    sie    unter    diesen    klimatischen    Bedingungen funktionieren.   Das   Spannende   an   den   alten   Sorten   sind   die   spezifischen   Typizitäten.   Selbst   ein   Laie   kann   eine Maschanzker   von   einem   Kronprinz   unterscheiden.   Sie   haben   Charakter   und   einen   ganz   typischen   Eigenge- schmack,   nicht   so   die   modernen   Sorten.   Neben   den   zwei   genannten   haben   wir   auch   die   Schafnase,   ganz   eine tolle   Rarität,   den   Rosenapfel   und   mehrere   Renettenarten.   Diese   waren   früher   schon   sehr   beliebt   -   sie   waren lagerbar, zu Most verarbeitbar und zum Brennen geeignet. dMP: Bei so vielen Sorten: Sind die Produkte reinsortig? David:   Von   den   15   Sorten,   die   wir   im   Obstgarten   haben,   werden   je   nach   Jahr   nur   fünf   oder   sechs   sortenrein ausgebaut.   Der   Rest   geht   in   die   Saft-   oder   Ciderproduktion,   die   normalerweise   auch   aus   einem   Cuvee   aus mehreren   Sorten   besteht.   Grundsätzlich   produzieren   wir   fast   ausschließlich   reinsortige   -   wie   beim   Wein   ist   diese Linie   auch   für   den   Kunden   einfacher.   Tendiert   man   zu   etwas   Leichteren   nimmt   man   den   Kronprinz,   während   die Schafnase etwas schwerer ist. dMP: Kannst Du den Weg vom Baum in die Flasche schildern? David:   Das   Jahr   startet   im   Februar,   März   mit   dem   Baumschnitt   und   den   Pflegemaßnahmen,   über   den   Sommer   ist im   Streuobstbereich   dann   weniger   zu   tun.   Bei   uns   geht   die   Saison   so   richtig   Mitte   September   bis   Ende   Oktober mit   der   Ernte   los.   Wir   beginnen   mit   dem   Pressen   der   frühen   Sorten   bis   zur   Haupternte   in   der   zweiten   Oktober- woche.   Der   kalte   Saft   kommt   dann   in   den   Keller,   wo   er   12   bis   24   Stunden   absitzt,   damit   er   sich   vom   gröbsten Trub   lösen   kann.   Dieser   vorgeklärte   Saft   wird   am   nächsten   Tag   in   den   Vergärungstank   umgepumpt,   wird   mit Reinzuchthefe   versetzt   und   beginnt   zu   vergären.   Die   Vergärung   dauert   zwischen   drei   und   vier   Wochen.   In   der Zeit   wird   wegen   des   sensiblen   Prozesses   jeden   Tag   gekostet,   wodurch   wir   immer   sofort   reagieren   können.   Etwa, wenn   es   zu   warm   oder   zu   kalt   ist.   Danach   wird   der   Most   abgezogen.   Er   kommt   von   der   Haupthefe,   die   zu   Boden sinkt   wenn   der   Zucker   vergoren   ist,   weg   in   einen   neuen   Tank.   Das   Produkt   liegt   dann   weiter   auf   der   Feinhefe. Diese Zeit ist sehr wichtig, weil der Most hier seinen Charakter entwickelt. Je   nach   Sorte   liegt   er   ein   bis   drei   Monate.   Das   bedarf   auch   einer   durchgehenden   sensorischen   Beurteilung   vom Mostbauern.   Und   je   länger   er   liegt,   desto   harmonischer   wird   er   -   dabei   hat   sich   auch   gezeigt,   dass   man   ältere Sorten    auch    länger    liegen    lassen    kann.    Kurz    vor    Weihnachten    wird    filtriert:    der    fertige    Jungwein    ist    ein fruchtiges,   leichtes,   schönes   Produkt. Aber   ihm   fehlt   noch   die Tiefe.   Dafür   lagert   der Apfelwein   noch   mindestens drei Monate im großen Stahlgebinde und wird Anfang bis Mitte März in die Flasche gefüllt.
DMP: Gibt es auch einen Jahrgangsapfelwein? David:   Wir   verkaufen   alle   Weine   innerhalb   eines   Jahres,   aber   wir   stellen   auch   auch   immer   wieder   Chargen zurück,   um   beispielsweise   einen   2019er   öffnen   und   verkaufen   zu   können.   Wir   wissen   mittlerweile,   wie   sich gewisse Sorten über die Jahre in der Flasche entwickeln - viele davon sehr interessant. dMP. Welche Mengen produziert ihr? David: Um die 30 000 Liter. dMP: Apfelwein ist ohne Kohlensäure. Stellt ihr auch Apfelsekt her? David:   Wir   haben   zwei   Sorten   Apfelschaumwein.   Einen   mit   der   Rubinette   als   Grundwein   in   der   hellen   Variante und   einen   mit   Redlove.   Unsere   Schaumweine   werden   sehr   gerne   als   Sektersatz   konsumiert.   Cider   wäre   die   dritte Produktkategorie   -   das   ist   Apfelwein   mit   Apfelsaft   gemischt   und   mit   Kohlensäure   versetzt.   Das   ist   ein   leichtes Einstiegssommergetränk. dMP:   Ist   durch   den   Gewinn   des   World Awards   eine   Änderung   des   Produktionsvolumens,   des   Marketings   oder auch des Produktpreises vorgesehen? David:   Nein.   Deswegen   werden   wir   die   Preise   nicht   erhöhen.   Allerdings   mussten   wir   sie   am   Anfang   des   Jahres erhöhen,   weil   die   Flaschen   und   Kartonpreise   massiv   gestiegen   sind.   Deren   Herstellung   ist   sehr   energieintensiv und   gasabhängig.   Diese   Steigerungen   haben   wir   überhaupt   nicht   weitergeben   können.   Von   internationalen Bewerben   wie   dem   World Award   lassen   wir   uns   eher   inspirieren,   was   sich   auf   der   Welt   auf   diesem   Sektor   so   tut. Unsere   Linie,   die   klare,   saubere   und   fruchtige   Linie   wird   international   eher   wenig   verfolgt.   Profitiert   haben   wir aber sicher durch den Gewinn der Awards bei der Medienaufmerksamkeit. dMP: Herzlichen Dank für das Gespräch!
Streuobstwiesen - wie hier am Hof von Kühbrein Most - gewinnen wieder mehr an Bedeutung. Sie sind wichtig für das Landschaftsbild und vor allem für den Erhalt von alten Obstsorten. Foto: Freilichtmomente
Auch so kann ein Produkt beworben werden, verbindet man doch sofort ein Wohlgefühl damit … Vielleicht mit dem Apfelschaumwein aus Redlove? Fotocredit: Sabrina Stummer, Freilichtmomente
Die Apfelblüte ist auch sehr hübsch, zeichnet sie im Frühjahr doch gleich etwas Farbe in die Landschaft. Foto: der MÜRZPANTHER
David Kargl, Beate Offenbacher und Peter Kargl (v. links n. rechts) Credit: Sabrina Stummer, Freilichtmomente